16.12.2021

Die Geschichte der Schlittenhunde

Heldenhafte Schlittenhunde haben schon so manche Autorin oder Schriftsteller inspiriert. Wie zum Beispiel Jack London, der mit seinen Abenteuerromanen über Schlittenrennen im hohen Norden zahlreiche Kinderherzen begeisterte. Hundeschlittenrennen haben eine spannende Geschichte. Erfahren Sie mehr über die Ursprünge und Entwicklung der Zughunde und Schlittenrennen bis heute, weltweit und besonders in der Schweiz.

Es war einmal ein Hunderennen


Im Osten Sibiriens wurden über 4000 Jahre alte Höhlenmalereien mit Hundegespannen bei der Fahrt im Schnee entdeckt. Man geht davon aus, dass die hiesigen Hunderassen in der Arktis mit ihren Vorfahren, den Wölfen, gekreuzt wurden und somit Rassen hervorgebracht haben, die perfekt für das harte Leben in der eisigen und verschneiten Landschaft geeignet sind. Aber erst, als die Menschen in Kontinentaleuropa mit den Inuit in Kontakt kamen, entdeckten auch sie dieses Transportmittel für sich. Im Lauf der Zeit kamen Hundeschlitten in der breiten Öffentlichkeit aus der Mode und waren teils sogar verboten. Das Comeback kam dann mit dem Goldrausch in Alaska, wo unzählige Goldsucher aus aller Welt dieses Transportmittel nutzten. Logisch, denn Hundeschlitten waren das einzige Transportmittel, das für die Landschaft des hohen Nordens geeignet war. In diesen einsamen Gefilden gibt es aber nur wenig Abwechslung und Unterhaltung, vor allem in den langen Wintermonaten. So kam man auf die Idee, Hundeschlittenrennen als Sport zu veranstalten. Das erste Rennen, die All Alaska Sweepstakes, fand erstmals 1908 statt. Diese Rennen waren ein voller Erfolg und so wurden zahlreiche weitere Rennen in Kanada, den Vereinigten Staaten und schliesslich in allen europäischen Ländern veranstaltet. Im Jahr 1925, während einer tödlichen Diphtherie-Epidemie, vollbringen Schlittenhunde wahre Meisterleistungen, die weltweite Anerkennung erhält: Die Stadt Nome im US-Bundesstaat Alaska wartete auf eine lebenswichtige Lieferung von Diphtherie-Medikamenten für ihre Bewohnerinnen und Bewohner. Aufgrund der Wetterbedingungen mit schweren Schneestürmen war der Transport und damit Hilfe für die Stadt nur mit mehreren Schlittenhundgespannen möglich. Ein Hunderennen, besser bekannt als Iditarod, erinnert jedes Jahr an dieses Ereignis. Die Schlittenhunde werden bei diesem Sportereignis für ihren Mut und ihre Ausdauer ausgezeichnet.

Aussergewöhnliche Hunderassen

Schlittenhunde sind besondere Rassen mit aussergewöhnlichen körperlichen Eigenschaften. Kalte Temperaturen können ihnen nichts anhaben und sie können weite Strecken im Schnee zurücklegen. Ihre Pfoten beispielsweise bleiben immer schön kühl; somit können sie in gefrorenen Umgebungen laufen, ohne dass sie sich Erfrierungen zuziehen. Es gibt fünf Schlittenhunderassen, den Alaskan Malamute, den Grönlandhund, den Samojeden, den Kanadischen Eskimohund und den Siberian Husky. Siberian Huskys sind geborene Sprinter, sie werden in der Regel gezüchtet, um bei Hunderennen anzutreten.

Kreuzungen

Mischlinge können in offenen Kategorien gegeneinander antreten. Es gibt eine Vielzahl an Kreuzungen von reinrassigen Schlittenhunden und anderen Hunden mit natürlichen körperlichen Vorzügen wie Bracken, Windhunde oder English Pointer. Diese Mischlinge, mit Namen wie Alaskan Husky, Europäischer Schlittenhund, Greyster, Alaskischer Malamute oder Seppala Siberian Sleddog werden immer leistungsfähiger.

Die Organisation des Gespanns

Ein Schlittenhundgespann, das so genannte Team, wird gewöhnlich als Doppel eingespannt. Die Positionen werden gewissenhaft eingehalten. Man unterscheidet zwischen dem Leader – der/die Leithund(e) und erste(n) Hund(e) im Gespann; Wheeler – der/die Hund(e) direkt vor dem Schlitten und Swinger – alle anderen Hunde im Gespann. Die Hunde wechseln aber durchaus auch mal die Position, das stärkt den Zusammenhalt in der Gruppe. Es gibt mehrere Kombinationen, und alle sollten den besonderen Merkmalen der Tiere entsprechen. Der Musher, der Gespannfahrer, entscheidet also auch über die Zusammensetzung seines Gespanns.

Die Anzahl der Hunde in einem Gespann variiert je nach Rasse, Strategie des Musher und natürlich nach Art des Rennens. Bei Langstreckenrennen bestehen die Gespanne am Start aus mindestens 10 Hunden. Bei Geschwindigkeitsrennen sind je nach Kategorie in der Regel 2 bis 9 Hunde eingespannt. Das Geschlecht der Tiere spielt in einem Gespann keine Rolle. Man findet sowohl Männchen als auch Weibchen. Der Musher bestimmt die Zusammensetzung seines Gespanns.

Gesundheit und Wohlergehen von Schlittenhunden

Wie bei anderen Sportarten auch wird die Gesundheit von Schlittenhunden genau überwacht, Tierquälerei oder Fehlverhalten eines Musher werden streng geahndet und haben eine Disqualifizierung zur Folge, in ganz schlimmen Fällen sogar ein Strafverfahren. Mehrere Teams von Tierärztinnen und -ärzten, die auf Schlittenhunde spezialisiert sind, sind bei den Rennen permanent vor Ort. Bei grösseren Rennen gibt es ein regelrechtes Feldlazarett mit medizinischen Fachleuten, in dem vor Ort Röntgen- und Ultraschalluntersuchungen durchgeführt werden können.

An der «Grande Odyssée», eines der grossen Hunderennen Europas, werden beispielsweise alle Hunde am Tag vor dem Rennstart einer kompletten klinischen (Puls, Spannung, Atmung usw.) und orthopädischen Bilanz unterzogen. Diese Untersuchung wird dann während der gesamten Dauer des Rennens täglich wiederholt. Die häufigsten Verletzungen gleichen denen von menschlichen Athletinnen und Athleten: Verstauchungen, Sehnenentzündungen und Schnittwunden. Neben der Behandlung führen die Tierärzte und -ärztinnen auch Anti-Doping-Kontrollen bei den Hunden durch.

Schlittenhunderennen in der Schweiz

Die Schweiz hat sich schon immer für Schlittenhunderennen begeistert. So wurde der Schweizerische Klub für Nordische Hunde 1959 gegründet. Da sich das Land für diesen Sport gut eignet, wird er sowohl im Profi- als auch im Amateurbereich praktiziert, und im ganzen Land finden zahlreiche Rennen statt. Der Schweizer Nationalpark mit seinen vielen Tälern, Bergen und Gipfeln ist ein idealer Ort für Schlittenhunderennen. Tschierv, Splügen, San Bernardino, Studen, Lenk und Kandersteg sind beliebte Orte für diese Sportart. Die Schweizer Meisterschaften finden am 12. und 13. Februar 2022 in Lenk statt.

Engelberg

Die Berggemeinde in der Zentralschweiz bietet Zugang zum Titlis, mit 3238 Metern über dem Meeresspiegel der höchste Gipfel der Region. Das Skigebiet Engelberg bot schon früher einen idealen Rahmen für das erste Schlittenhunderennen der Schweiz. Wir schreiben das Jahr 1966. Zu jener Zeit sind Strecken von 700 Metern bis zu 1 km die Norm. Im Gespann finden sich Hunde von verschiedenen Besitzern, die von der Ziellinie aus ihre Vierbeiner anspornen. Diese noch bescheidenen Anfänge lassen bereits Grosses erahnen, und es fehlt dem Schlittenhundesport nicht mehr viel zum Sprung in die Professionalität. 1975 folgt der Ritterschlag: Lau Van Leuven, Flugzeugpilot und Freund der Inuit-Kultur, tritt mit seinen eigenen Schlittenhunden bei einem Rennen in Saignelégier an.

Saignelégier

Im Jahr 1972 entdeckt man das Dorf Saignelégier als idealen Ort für Schlittenhunderennen. Der erste Versuch im Januar des darauffolgenden Jahres ist denn auch ein voller Erfolg. Schnee ist reichlich vorhanden, und unter dem Applaus einer grossen Zuschauermenge treten sieben Gespanne gegeneinander an. Diese Premiere wird in der nationalen und europäischen Presse viel beachtet. Die internationalen Rennen von Saignelégier waren geboren. Seitdem finden sie in der Regel jedes Jahr statt, es sei denn sie müssen aufgrund von Schneemangel abgesagt werden.